Wissenswertes über die Smart Meter Pflicht
Die Einführung der Smart Meter in Deutschland soll ein wichtiger Pfeiler zur Digitalisierung der Energiewende werden. Nach einigen Verzögerungen sind seit Anfang 2020 Smart Meter und damit die digitale Übermittlung der Verbrauchsdaten für einige Haushalte zur Pflicht geworden. Erfahren Sie hier alles Wissenswerte zum Smart Meter und wer von der Pflicht zum Einbau betroffen ist.
Mehr zum Hintergrund der Markteinführung, zur Definition des Smart Meter (intelligentes Messsystem), dem Unterschied zu digitalen Stromzählern (moderne Messeinrichtung) und den Kosten für Einbau finden Sie in unserem informativen Beitrag über Smart Meter.
Schrittweise Einführung der Smart Meter in Deutschland
Seit der sogenannten “Markterklärung” durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) im Januar 2020 läuft der Einbau von Smart Meter in Deutschland. Die alten analogen Zähler mit der Drehscheibe werden nicht mehr eingebaut und sollen bis spätestens 2032 komplett durch moderne Messeinrichtungen ersetzt werden. In neuen Gebäuden werden nur noch moderne Messeinrichtungen verbaut. Bei bestimmten Haushalten muss zusätzlich ein Smart Meter Gateway installiert werden, erst dann wird aus dem digitalen Zähler ein vollständiger Smart Meter mit allen Funktionen.
Für wen sind Smart Meter Pflicht?
Die aktuelle Gesetzgebung legt fest, dass im ersten Schritt nur Haushalte mit einem Jahresstromverbrauch von mehr als 6.000 kWh einen Smart Meter einbauen müssen. Es gilt der durchschnittliche Stromverbrauch der letzten drei Jahre. Die Pflicht betrifft somit insbesondere Haushalte, die elektrisch heizen, zum Beispiel mit einer Wärmepumpe, oder ihr Elektroauto zuhause laden.
Bei einem Stromverbrauch von unter 6.000 kWh ist der Einbau eines intelligenten Messsystems optional, also abhängig von der Entscheidung des jeweiligen Messstellenbetreibers (MSB).
Haushalte mit stromerzeugenden Anlagen wie einer Photovoltaikanlage ab einer Nennleistung von 7 kWp, sollen ebenfalls im ersten Schritt ein intelligentes Messsystem erhalten. Allerdings fehlt hierfür noch die Feststellung der technischen Einbaumöglichkeit durch das BSI. Bei kleineren Anlagen entscheidet auch hier der Messstellenbetreiber über den Einbau.
Für Haushalte mit einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung, z. B. einer Wärmepumpe, Wallbox oder Nachtspeicherheizung, wird der Smart Meter ebenfalls Pflicht, sobald die Freigabe durch das BSI erfolgt. Hierfür muss jedoch eine Steuerung mit dem Netzbetreiber vereinbart werden, wobei der Haushalt als Endkunde Anspruch auf ein reduziertes Netzentgelt hat.
Wenn Ihr Haushalt von der Smart Meter Pflicht betroffen ist und mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet werden soll, erhalten Sie mindestens drei Monate vorher eine Information des Messstellenbetreibers mit einer Terminangabe für den Einbau. Der Messstellenbetreiber informiert darin auch über die Möglichkeit, einen anderen Anbieter zu beauftragen, der eventuell günstiger ist oder mehr Leistungen bietet.
Haushalte, die ein Smart Meter von ihrem Messstellenbetreiber erhalten, müssen den Einbau akzeptieren. Es ist nicht möglich, den Einbau abzulehnen.
Smart Meter Pflicht für Betreiber von Photovoltaikanlagen
Derzeit greift die Smart Meter Pflicht für Betreiber von Photovoltaikanlagen noch nicht. Es fehlt noch die Feststellung der technischen Machbarkeit durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Es wird damit gerechnet, dass insbesondere nicht-steuerbare PV-Anlagen zuerst von der Pflicht zum Einbau eines intelligenten Messsystems betroffen sein werden. Wann das der Fall sein wird, ist Anfang 2022 nicht abzusehen.
Viele Anlagenbetreiber sehen die Pflicht kritisch, lehnen diese sogar ab. In der aktuellen Form sehen sie in den intelligenten Messsystemen weder einen energiewirtschaftlichen Nutzen noch einen Vorteil für die Betreiber selbst. Sie wünschen sich zum Beispiel die Möglichkeit für ein tragfähiges Geschäftsmodell zur dezentralen Vermarktung des überschüssigen Solarstroms.
Ein Smart Meter für Betreiber von Photovoltaikanlagen ermöglicht die Übermittlung der Zählerdaten für Erzeugung und Verbrauch an Energieversorger und Netzbetreiber. Betreiber müssen sich dann nicht mehr selbst um Ablesung und Weitergabe der Daten kümmern. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, sofern es angeboten wird, alle Strommengen im Blick zu behalten und den Eigenverbrauch aus der Photovoltaikanlage zu optimieren. Des weiteren ermöglichen die Verlaufsdaten des individuellen Stromverbrauchs eine optimale Dimensionierung eines Stromspeichers. An dem Verlauf der Erzeugung hingegen können die Betreiber technische Fehler der PV-Anlage erkennen und sich um deren Beseitigung kümmern.
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Vorteile und Nachteile der Smart Meter Pflicht
Positiv:
- Zum Ablesen der Stromzähler müssen keine fremden Personen in Haus oder Wohnung.
- Automatisierte Übermittlung der Verbrauchs- und Erzeugungsdaten an den Stromversorger und Netzbetreiber.
- Haushalte können ihren Stromverbrauch und die Stromerzeugung in Echtzeit und für jeden Zeitraum per App oder Browser auslesen.
- Überblick über Stromverbrauch und Nutzungszeiten hilft, große Verbraucher zu erkennen und Einsparpotentiale aufzudecken.
- Überblick über Verbrauch und Erzeugung hilft den Eigenverbrauch von Solaranlagen zu optimieren.
- Steuerbare Verbraucher, wie Wärmepumpe und Wallbox, lassen sich mit Smart Meter so betreiben, dass Stromnetze/eigene Stromerzeugung besser genutzt werden können.
- Hohe Sicherheitsstandards der Smart Meter Gateways und der Datenübertragung sorgen für Schutz vor unbefugtem Zugriff.
- Strom kann in den Zeitintervallen von 15 Minuten abgerechnet werden, so wie er an der Börse gehandelt wird.
- Monatliche Abrechnung des Stromverbrauchs statt der bisherigen Abschlagszahlung wird möglich.
- Mehr Möglichkeiten zur Vertragsgestaltung für Stromversorger, zum Beispiel volumenabhängige Tarife oder Verbrauchs-Flatrate analog zu Mobilfunktarifen.
Negativ:
- Viele Menschen betrachten die neue Technik kritisch.
- Es besteht die Sorge, dass fremde Unternehmen das Nutzungsverhalten im Haushalt erkennen können.
- Die Kosten für den Messstellenbetrieb sind deutlich höher, der Nutzen ist jedoch nicht erkennbar.
- Smart Meter Pflicht bedeutet einen Zwang, höhere Kosten in Kauf zu nehmen.
- Haushalte können den Einbau eines Smart Meter Gateways nicht ablehnen
- Arbeitsplätze für Ablesung der Zählerdaten fallen weg.
- Viele Vorteile der Smart Meter können auch ohne Smart Meter Gateway mit einem Smart Home System erzielt werden.
Aktueller Stand der Smart Meter Pflicht
Im März 2021 hat das Oberverwaltungsgericht NRW festgestellt, dass die intelligenten Messsysteme bisher nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Der Einbau wurde damit nicht gestoppt, die Rechtssicherheit von neuen Geräten jedoch in Frage gestellt. Mitte Juli 2021 hat die Bundesregierung die rechtlichen Vorgaben geändert, so dass der Einbau der Smart Meter rechtssicher fortgesetzt werden kann. Bereits eingebaute intelligente Messsysteme haben mit dieser Änderung unter bestimmten Voraussetzungen Bestandsschutz erhalten.
Der Einbau der Smart Meter wird für Haushalte mit einem Verbrauch von mehr als 6.000 kWh und für die optionale Montage, nach Entscheidung des Messstellenbetreibers, weiter fortgeführt. Wann Haushalte mit einer PV-Anlage, deren Nennleistung mehr als 7 kWp beträgt, oder mit einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung von der Smart Meter Pflicht betroffen sind, ist derzeit unklar.
Smart Meter Pflicht hilft bei der Digitalisierung der Energiewende
Mit dem Ausbau von erneuerbaren Energien für die Stromerzeugung ist eine Kommunikation von Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen und dem Stromnetz notwendig, um Angebot und Nachfrage sicher in Einklang bringen zu können. Dazu müssen große Verbraucher, Verbraucher mit flexiblen Lasten und Erzeugungsanlagen auf sicheren und standardisierten Wegen kommunizieren können. Daher betrifft die Pflicht zum Einbau der Smart Meter Haushalte mit einem hohen Energieverbrauch oder steuerbaren Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen.
Die Digitalisierung der Energiewende steht aber noch ganz am Anfang, Smart Meter sind nur ein Baustein im großen Puzzle der intelligenten Stromnetze. Welchen Mehrwert Netzbetreiber und Energieversorger daraus ziehen können, ist noch nicht absehbar. Wichtig sind attraktive Angebote für die Haushalte, die den Einsatz der Smart Meter und die entstehenden Mehrkosten rechtfertigen und so für mehr Vertrauen in die Technik sorgen.