Wasserkraft: Aus Wasser wird Strom
Schon lange weiß der Mensch, dass Wasser eine immense Kraft entfalten kann: Erste Pumpen und Wasserräder gab es bereits in der Antike. Noch bis in das 20. Jahrhundert hinein wurden Mühlen und Sägewerke mit der Strömung von Flüssen oder Bächen betrieben. Heute nutzt man die Kraft des Wassers hauptsächlich dafür, Strom zu erzeugen.
Wasserkraft zählt zu den wichtigsten und am intensivsten genutzten erneuerbaren Energien auf der Welt. 2016 lieferte Wasserkraft 16,6 % des Weltenergiebedarfs. Größter Produzent von Strom aus Wasserkraft ist dabei China, gefolgt von Kanada und Brasilien. In Europa können zwei Länder ihren Strombedarf sogar fast vollständig über Wasserkraftanlagen decken: Norwegen und Island.
In Deutschland lag der Anteil von elektrischer Energie aus Wasserkraft am Bruttostromverbrauch im Jahr 2020 bei 3,3 %. Im Gegensatz zu anderen erneuerbaren Energien wie Windkraft oder Solarenergie gilt das Potenzial von Wasserkraft zur Stromerzeugung hierzulande jedoch als bereits ausgeschöpft. Das liegt u. a. an ökologischen Aspekten.
Aus Wasser Strom erzeugen: So funktioniert es
Bei allen Wasserkraftwerken kommt dasselbe physikalische Prinzip zum Tragen: Die Bewegungsenergie der Strömung und die potenzielle Wasserenergie, die durch die Höhendifferenz infolge von Aufstauung entsteht, werden in elektrische Energie umgewandelt. Zur Stromerzeugung kommen speziell auf den Einsatzort ausgelegte Wasserturbinen und Generatoren zum Einsatz. Dabei gilt: Je mehr Wasser auf die Turbinenschaufeln trifft und je größer die Fallhöhe des Wassers ist, umso größer ist der Energiegewinn.
Die verschiedenen Arten von Wasserkraftwerken im Überblick
Es gibt verschiedene Arten von Wasserkraftwerken, zu den bedeutendsten zählen:
- Laufwasserkraftwerke
- Speicherkraftwerke
- Wellenkraftwerke
- Gezeitenkraftwerke
- Kleinwasserkraftwerke
Laufwasserkraftwerke
Ein Laufwasserkraftwerk nutzt die natürliche Strömung eines Flusses oder Kanals zur Stromerzeugung. Die Energie steht dabei kontinuierlich zur Verfügung. Laufwasserkraftwerke sind in Deutschland die häufigsten Vertreter unter den Wasserkraftwerken. Sie finden sich vor allem an Fließgewässern mit hoher Strömungsgeschwindigkeit und großem Wasserdurchfluss.
Um die Energiegewinnung auch bei jahreszeitlich bedingten Niedrigwasserständen ausreichend aufrechtzuhalten, lässt sich das Wasser oftmals mithilfe einer Wehranlage aufstauen. Die Strömung setzt eine Wasserturbine in Gang, die Generatoren antreibt.
Laufwasserkraftwerke erreichen Wirkungsgrade von bis zu 94 %. Eine Steuerung des Wasserdurchflusses je nach Strombedarf ist in der Regel nicht möglich. Sie laufen im Dauerbetrieb und dienen hauptsächlich zur Deckung der Grundlast.
Speicherkraftwerke
Speicherkraftwerke nutzen das hohe Gefälle und die Speicherkapazität des Wassers in Talsperren, Bergseen oder aufgestauten Flüssen. Über Druckrohrleitungen oder Druckstollen wird das Wasser kontrolliert zu den Turbinen geleitet. Nachdem es diese abgetrieben hat, wird es in einen niedriger gelegenen See geleitet. Speicherkraftwerke besitzen meist eine höhere Leistung als Laufwasserkraftwerke. Die Energiegewinnung lässt sich zudem regulieren. Deshalb werden sie vor allem zur Deckung von Spitzenlasten eingesetzt.
Neben der Stromerzeugung können Speicherkraftwerke noch eine Reihe weiterer Aufgaben übernehmen. Sie dienen etwa dem Hochwasserschutz, der Trinkwasserspeicherung oder der Bewässerung. Aufgrund der topografischen Gegebenheiten in Deutschland gibt es nur wenige Speicherkraftwerke in der Bundesrepublik.
Eine Sonderform sind Pumpspeicherkraftwerke. Sie werden durch Wasser gespeist, das aus tiefer gelegenen Seen nach oben gepumpt wird. Bei Bedarfsspitzen für elektrische Energie werden diese Wasserkraftwerke zugeschaltet.
Wellen- und Gezeitenkraftwerke
Bei Wellenkraftwerken handelt es sich um kleinere Wasserkraftwerke auf dem Meer. Sie nutzen die Energie der Wellen zur Erzeugung von Strom. Dabei kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz. Günstige Bedingungen für Wellenkraftwerke finden sich beispielsweise an den Küsten Großbritanniens, Norwegens, Frankreichs und Dänemarks.
Wasserkraftwerke, welche die Gezeiten als Energieträger nutzen, werden in Meeresarmen oder Meerengen gebaut. Funktionell sind Gezeitenkraftwerke vergleichbar mit Laufwasserkraftwerken. Die Bewegung des Meerwassers bei Ebbe und Flut treibt hier die Turbinen an. Diese können in zwei Richtungen drehen. Je stärker der Tidenhub, also der Höhenunterschied des Meerwasserspiegels bei Ebbe und bei Flut, desto mehr Strom lässt sich erzeugen. Nur wenige Orte der Erde bieten geeignete Voraussetzungen für die Errichtung eines Gezeitenkraftwerks.
Kleinwasserkraftwerke
Kleinwasserkraftwerke zählen entweder zu den Laufwasser- oder zu den Speicherkraftwerken. Aufgrund geringerer Fallhöhen und/oder Wassermengen erreichen sie eine vergleichsweise geringe Leistung. In Deutschland gibt es rund 7.000 solcher Kleinwasserkraftwerke, die sich fast ausschließlich in Privatbesitz befinden.
Sie erzeugen beispielsweise Energie für Spinnereien, Hammerwerke oder andere alte Handwerksbetriebe. Wer ein Kleinwasserkraftwerk errichten möchte, muss strenge gesetzliche Auflagen erfüllen – auch auf privatem Gelände. Die Kosten solcher Wasserkraftanlagen liegen zwischen 7.000 und 10.000 Euro.
Die Zukunft der Wasserkraft in Deutschland
In Deutschland gibt es rund 7.300 Wasserkraftanlagen mit einer gesamten installierten Leistung von 5.500 MW. Die Anlagen produzieren jährlich rund 20 TWh Strom. Der Löwenanteil entfällt mit mehr als 80 % auf größere Anlagen, die jeweils mehr als 1 MW elektrischer Energie erzeugen können. Moderne, leistungsfähigere Wasserkraftwerke sind deshalb relativ rar, weil in jüngerer Vergangenheit kaum noch neue Anlagen gebaut wurden.
Um die Rolle der Wasserkraft für die Energiewende bewerten zu können, hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Jahr 2010 eine Studie in Auftrag gegeben. Experten kommen darin zu dem Schluss, dass das nutzbare Potenzial bereits nahezu ausgeschöpft sei. Die Stromerzeugung durch Wasserkraft kann demnach nur durch die Modernisierung und Erweiterung bestehender Anlagen noch nennenswert erhöht werden.
Umweltauswirkungen von Wasserkraftwerken
Die Errichtung eines Wasserkraftwerks greift stets mehr oder weniger stark in bestehende gesellschaftliche und/oder Ökosysteme ein. So kann der Bau eines Staudamms den Lebensraum von Pflanzen, Tieren und Menschen stark verändern. Für den Bau des chinesischen Wasserkraftwerks „Pinyin“ mussten beispielsweise 1,5 Millionen Menschen umgesiedelt werden.
Es besteht die Gefahr, dass angrenzende Landstriche austrocknen, überdies könnten im aufgestauten Wasser bei extremer Hitze Fäulnisprozesse in Gang gesetzt werden, die Treibhausgase freisetzen.
Durch das Aufstauen von Flüssen ändern sich deren Fließgeschwindigkeit, Nährstoffgehalt, Temperatur und der Sauerstoffgehalt im Wasser. Das kann die Artenvielfalt beeinträchtigen.
Durch die künstlichen Barrieren großer Laufwasser- oder Gezeitenkraftwerke erreichen Fische ihre Laichplätze nicht mehr, was die Erhaltung ihrer Art bedrohen kann.
Gleichzeitig können die Turbinen zur tödlichen Gefahr für alle Arten von Wassertieren werden. Mit sogenannten Fischtreppen und Umgehungsgewässern wird versucht, das Risiko zu minimieren.
Förderung des Ausbaus im Rahmen des Erneuerbare Energien Gesetzes
Den Ausbau von erneuerbaren Energien regelt das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Aufgrund des als gering erachteten Potenzials von Wasserkraft für Deutschland wurden bereits in der Version des EEG von 2014 keine eigenständigen Ziele für diese Energiequelle formuliert.
Fördermittel nach dem EEG haben in den vergangenen Jahren deshalb vorrangig der Modernisierung und dem Erhalt bestehender Wasserkraftanlagen gedient. Mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes von 2021 wurde die Vergütung für kleinere Wasserkraftwerke erhöht, um dadurch die Einnahmeverluste auszugleichen, die sich in den vergangenen Jahren aus Trockenzeiten ergeben haben. Die Vergütung ist gestaffelt nach der Größe der Anlagen.
Wasserkraft: Erneuerbare Energie mit Vor- und Nachteilen
Die Aspekte, die für und gegen die Wasserkraft als erneuerbare Energiequelle sprechen, sind im Folgenden noch einmal übersichtlich aufgeführt.
Vorteile von Wasserkraftwerken
- Wasserkraftanlagen nutzen eine erprobte und ausgereifte Technik.
- Sie erzielen hohe Wirkungsgrade von teilweise mehr als 90 %.
- Wasserkraftwerke verursachen während des Betriebs keine CO2-Emissionen.
- Die Nutzung erneuerbarer Energiequellen reduziert die Abhängigkeit von fossilen Energiequellen wie Erdgas oder Kohle bei der Stromerzeugung.
- Es ergeben sich im Gegensatz zur Erzeugung von Atomstrom keine Altlasten.
- Prinzipiell steht Wasserkraft mit größerer Kontinuität zur Verfügung als Windkraft. Zudem lässt sie sich teilweise gut regulieren. Die Stromproduktion durch Wasserkraft kann damit an den jeweils gegebenen Bedarf angepasst werden.
- Wasserkraftwerke besitzen eine lange Lebensdauer. Die Turbinen können bis zu 80 Jahre betrieben werden.
- Aufgestautes Wasser kann in manchen Fällen gleichzeitig als Trinkwasserreservoir dienen.
- Dämme und Wehre von Wasserkraftwerken dienen nicht selten auch dem Hochwasserschutz.
Nachteile von Wasserkraftwerken
- Die Erzeugung von Energie durch Wasserkraft ist nur an wenigen Standorten möglich.
- Klimatische Veränderungen können sich auf die Stromerzeugung durch Wasserkraft auswirken: Weniger Niederschlag kann die Fließgeschwindigkeit von Flüssen verringern, was die Stromproduktion herabsetzt.
- Bei der Errichtung von Wasserkraftwerken sind oft große Eingriffe in die Natur notwendig.
- Der Grundwasserspiegel kann unvorhergesehen an- oder absteigen. Es besteht zudem die Gefahr der Verunreinigung des Grundwassers.
- Die Errichtung von Wasserkraftwerken ist aufwendig und mit hohen Kosten verbunden.
Woher bekommt man Ökostrom aus Wasserkraft?
Wer Ökostrom aus Wasserkraft nutzen möchte, kann zu einem entsprechenden Stromanbieter wechseln. Sogar immer mehr Grundversorger bieten mittlerweile spezielle Ökostrom-Tarife an. Jeder Ökostrom-Kunde kann bei seinem Anbieter nachfragen, wie sich dessen Strommix zusammensetzt.