Digitalisierung des Messstellenbetriebs
Der Anteil der erneuerbaren Energien im deutschen Strommix wird Jahr für Jahr größer. Immer mehr Strom wird dezentral aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen gewonnen.
Das stellt Netzbetreiber vor eine Herausforderung: Während konventionelle Kraftwerke eine beständige und berechenbare Leistung erbringen, hängen die Produktion von Solarstrom und die Erzeugung von Strom aus Windenergie stark vom Wetter ab. Damit es weder zu einer Überlastung des Netzes noch zu Engpässen bei der Stromversorgung kommt, müssen Angebot und Nachfrage optimal aufeinander abgestimmt werden.
Diese Aufgabe soll in Zukunft das sogenannte Smart Grid übernehmen, ein intelligentes Stromnetz, das nicht nur elektrische Energie, sondern auch Daten transportiert. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Ausbau setzt das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende. Kernstück des Gesetzes ist das Messstellenbetriebsgesetz, kurz MsbG, das 2016 in Kraft trat. Es regelt den Einbau und den Betrieb von intelligenten Messsystemen.
Umrüstung aller Stromzähler nach dem Messstellenbetriebsgesetz
Gemäß Messstellenbetriebsgesetz sollen in den kommenden Jahren alle Haushalte einen neuen Stromzähler erhalten. Während bei den meisten Verbrauchern lediglich der analoge Zähler durch einen digitalen ersetzt wird, bekommen einige Haushalte sogar ein intelligentes Messsystem, ein sogenanntes Smart Meter.
Moderne Messeinrichtungen: digitale Stromzähler
Digitale Stromzähler sind moderne Messeinrichtungen, die neben aktuellen Zählerständen auch tages-, wochen-, monats- und jahresbezogene Stromverbrauchswerte anzeigen können. Die Daten werden bis zu 24 Monate gespeichert.
Die modernen Messeinrichtungen können dabei weder aus der Ferne ausgelesen werden, noch werden Verbrauchswerte übertragen. Der Zählerstand muss also nach wie vor durch den Verbraucher selbst oder durch den Messstellenbetreiber an Ort und Stelle ausgelesen werden.
Ein Kommunikationsmodul (Smart-Meter-Gateway) lässt sich aber nachrüsten. So wird die moderne Messeinrichtung zu einem intelligenten Messsystem.
Intelligente Messsysteme: Smart Meter
Bei einem Smart Meter ist dieses Kommunikationsmodul bereits integriert. Es ermöglicht eine Datenübertragung in beide Richtungen: Intelligente Messsysteme können Daten sowohl senden als auch empfangen. Der Messstellenbetreiber übermittelt die Daten dann an den Netzbetreiber und an den Stromversorger.
Mit der Umrüstung auf intelligente Messsysteme sollen Verbraucher wie auch Energieerzeuger einen detaillierten Überblick über Stromverbrauch und Stromerzeugung erhalten. Dadurch kann Energie effizienter genutzt werden: So soll es beispielsweise in mittlerer Zukunft möglich sein, vernetzte Haushaltsgeräte genau dann einzuschalten, wenn der Stromtarif besonders günstig ist. Ebenso könnte die Netzeinspeisung von Solarstrom aus einer ebenfalls intelligent gesteuerten Photovoltaikanlage automatisch genau dann erfolgen, wenn der Bedarf im Netz gerade hoch ist.
Wer wird mit einem intelligenten Messsystem ausgerüstet?
Es gibt drei Gruppen von Stromkunden, bei denen verpflichtend ein intelligentes Messsystem eingebaut werden muss (s. Hinweis).
Haushalte mit einem Stromverbrauch von mehr als 6.000 kWh pro Jahr. Entscheidend ist der durchschnittliche Stromverbrauch in den letzten drei Jahren. Liegt der Stromverbrauch unter dem Wert, ist der Einbau eines Smart Meter dem Messstellenbetreiber freigestellt.
Besitzer von Strom erzeugenden Anlagen (etwa Photovoltaikanlagen mit einer Nennleistung von mehr als 7 kW. Bei Neuanlagen mit einer Nennleistung zwischen 1 und 7 kW obliegt es dem Messstellenbetreiber, ob er ein intelligentes Messsystem einbaut oder nicht.
Haushalte mit einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung (z. B. eine Wärmepumpe, soweit eine Steuerung mit dem Netzbetreiber vereinbart wurde.
Aktuelle Entscheidung zur Einbaupflicht
Die Einbaupflicht wurde im März 2021 durch das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht für ein privates Unternehmen gekippt, das geklagt hatte. Damit wurde auch die Einbaupflicht für 50 weitere klagende Messstellenbetreiber vorerst ausgesetzt. Ob und wie sich diese Entscheidung auf die Gesamtheit aller Messstellenbetreiber in Deutschland auswirken wird, ist noch unklar. Es wird aber erwartet, dass diese ihrer Einbaupflicht weiterhin nachkommen müssen.
Was ist ein Messstellenbetreiber?
Für die Bereitstellung, den Einbau, den Betrieb und die Wartung der Messstelle ist der Messstellenbetreiber zuständig. Er ist auch Ansprechpartner, falls es zu Problemen kommen sollte. Es gibt nach dem Gesetz für jeden Verbraucher einen “grundzuständigen” Messstellenbetreiber, in der Regel ist dies der örtliche Netzbetreiber. Dieser ist jedoch nicht zu verwechseln mit dem Stromversorger.
Daneben können auch wettbewerbliche Messstellenbetreiber die Aufgabe des Messstellenbetriebs wahrnehmen. Der wettbewerbliche Messstellenbetrieb soll neue Marktchancen eröffnen und die Kundenbindung intensivieren.
Drei Monate vor dem Einbau der modernen Messeinrichtung bzw. des intelligenten Messsystems erhält der Verbraucher eine Information mit zwei Terminvorschlägen. Dem Vorhaben kann er nicht widersprechen, allerdings kann er einen Wechsel zu einem günstigeren Messstellenbetreiber vornehmen. Das gilt auch für Mieter. Die Bundesnetzagentur stellt einen Musterbrief für den Wechsel des Messstellenbetreibers zur Verfügung.
Sobald der neue Stromzähler eingebaut ist, kommt ein Messstellenvertrag zwischen Stromkunde und Messstellenbetreiber zustande. Einer Unterschrift bedarf es dazu nicht. Ist noch ein analoger Stromzähler installiert, besteht übrigens kein Messstellenvertrag. Die Abrechnung des Messstellenbetriebs erfolgt in diesem Fall zusammen mit der Stromrechnung seitens des Stromlieferanten.
Was darf der Messstellenbetrieb kosten?
Das Messstellenbetriebsgesetz legt Obergrenzen für die jährlichen Kosten des Messstellenbetriebs fest. Die Kosten setzen sich aus den einzelnen Positionen für den Einbau, den Betrieb, die Wartung und die Ablesung des Messgeräts und gegebenenfalls für die Datenübertragung zusammen. Die Preisobergrenzen gelten jedoch nur für den grundzuständigen Messstellenbetreiber. Wird ein anderer Messstellenbetreiber beauftragt, kann dieser die Kosten nach eigenem Ermessen ansetzen.
Die Kostenobergrenzen für den Messstellenbetrieb in der Übersicht
Art der Messeinrichtung | Verbraucher/Erzeuger - jährlicher Stromverbrauch | Preisobergrenze (brutto) pro Jahr |
---|---|---|
intelligentes Messsystem | bis 2.000 kWh | 23 € |
2.000 bis 3.000 kWh | 30 € | |
3.000 bis 4.000 kWh | 40 € | |
4.000 bis 6.000 kWh | 60 € | |
6.000 bis 10.000 kWh | 100 € | |
Strom erzeugende Neuanlage mit einer Nennleistung 1–7 kW | 130 € | |
Strom erzeugende Neuanlage mit einer Nennleistung 7–15 kW | 60 € | |
steuerbare Verbrauchseinrichtung | 100 € | |
moderne Messeinrichtung | unabhängig vom Stromverbrauch | 20 € |
Muss der Zählerschrank infolge der Umrüstung umgebaut werden, können zusätzliche Kosten in vierstelliger Höhe anfallen. Das trifft in erster Linie auf ältere Gebäude zu, die vor 1965 errichtet wurden.
Als Vertragspartner kann der Messstellenbetreiber eine separate Rechnung stellen, auch wenn es sich um den örtlichen Netzbetreiber handelt. Wichtig: Stromkunden sollten in jeder Rechnung überprüfen, dass die Kosten für den digitalen Zähler und die Ablesung nicht doppelt abgerechnet wurden.
Wer die Kosten des Messstellenbetriebs weiterhin zusammen mit der Stromrechnung begleichen möchte, sollte zur Prüfung dieser Möglichkeit einen Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Messstellenbetreibers werfen. Es gibt außerdem auch Unternehmen, die entsprechende Vereinbarungen mit dem Stromlieferanten treffen.