Welche Reichweite haben Elektroautos heute?
Das Laden eines E-Autos nimmt im Vergleich zum Volltanken eines Verbrenners deutlich mehr Zeit in Anspruch. Wer sein Fahrzeug üblicherweise an der heimischen Wallbox lädt, den wird dieser Umstand kaum stören. Anders sieht es aus, wenn man gerade unterwegs ist und ein leergefahrener Akku zur Pause zwingt. Nutzt man keine Schnellladesäule, kann das Aufladen bis zu 4 Stunden dauern. Ein wichtiges Kaufkriterium ist neben den Kosten für ein E-Auto daher seine Reichweite.
In den vergangenen Jahren hat sich die Reichweite von E-Autos deutlich erhöht. Schaffte man früher mit einer Akkuladung im Schnitt nur 200 bis 300 km, sind es heute bereits zwischen 400 und 550 km. Das liegt daran, dass sich die Akkukapazitäten stetig vergrößert haben. Gewicht und Platzverbrauch sind dabei nahezu gleich geblieben. Bis zum Jahr 2025 soll die durchschnittliche Reichweite auf 784 km ansteigen. Schon heute gibt es leistungsstarke Elektroautos, die – unter optimalen Bedingungen – eine Reichweite von mehr als 600 km erreichen.
Der Test: Wie wird die Reichweite von Elektroautos gemessen?
Seit 2018 wird die Reichweite nach WLTP (Worldwide harmonized Light Vehicles Test Procedure) bestimmt. Neben Geschwindigkeit, Brems- und Beschleunigungsvorgängen fließen in das Testverfahren auch die individuelle Ausstattung des Elektroautos und damit das Gewicht ein. Je nach Leistungsgewicht werden die Fahrzeuge in verschiedene Klassen eingeteilt und müssen einen standardisierten Fahrzyklus (WLTC, Worldwide harmonized Light Duty Test Cycle) auf dem Rollenprüfstand absolvieren. Er besteht aus vier Teilen: Low (Stadtverkehr), Medium (außerorts), High (Schnellstraße) und Extra High (Autobahn).
Es gelten folgende Parameter:
- Länge der Teststrecke: 23 km
- Dauer des Tests: mindestens 30 Minuten
- durchschnittliche Geschwindigkeit: 47 km/h
- zulässige Höchstgeschwindigkeit: 131 km/h
- Temperatur: 23 °C und 14 °C
Zu Beginn der Prüfung muss der Akku vollständig geladen sein. Danach wird das Elektroauto erneut an das Ladegerät angeschlossen. Um Ladeverluste berücksichtigen zu können, ist das Ladekabel mit einem Stromzähler ausgestattet. Aus dem Verbrauch ergibt sich die theoretische Reichweite des E-Autos.
In der Praxis ist der WLTP-Wert jedoch nur schwer zu erreichen. Meist liegt die tatsächliche Reichweite mindestens 10 bis 15 % unter den Herstellerangaben. Da aber für alle Hersteller identische Prüfbedingungen gelten, ermöglicht der WLTP-Wert einen Vergleich unterschiedlicher Elektroautos.
Vergleich: Liste von Elektroautoautos mit der höchsten Reichweite
Die folgende Tabelle zeigt, wie sich die Reichweiten von E-Autos unterschiedlicher Hersteller und Modelle unterscheiden:
Modell | Reichweite nach WLTP |
---|---|
Mercedes EQS 450+ | bis zu 784 km |
Tesla Model S Long Range | bis zu 663 km |
BMW iX xDrive50 | bis zu 630 km |
Tesla Model 3 | bis zu 614 km |
Ford Mustang Mach-e | bis zu 610 km |
BMW i4 eDrive40 | bis zu 590 km |
Tesla Model X | bis zu 580 km |
VW ID.3 | bis zu 550 km |
Polestar 2 | bis zu 540 km |
Skoda Enyaq iV | bis zu 536 km |
Alle Angaben: Hersteller
Große Batterie – große Reichweite
Bei Elektroautos mit einer hohen Reichweite handelt es sich meist um ausladende Limousinen oder SUVs, die den nötigen Platz für einen größeren Akku mitbringen. So ist im Tesla Model S eine Batterie mit einer Kapazität von 100 kW verbaut, der Akku vom Mercedes EQS besitzt sogar eine Kapazität von 107,8 kWh. Allerdings sind größere Batterien deutlich teurer als kleinere. Ob die größere Reichweite die höheren Anschaffungskosten rechtfertigt, ist eine individuelle Frage. Ein Blick auf die Statistik zeigt: Im Durchschnitt fährt jeder Deutsche rund 13.000 km im Jahr. Das sind etwa 35 km am Tag – selbst Elektroautos mit einer geringeren Akku-Kapazität müssen für diese Strecke nicht täglich geladen werden.
Man sollte sich zudem darüber bewusst sein, dass zur Herstellung größerer Batterien mehr Rohstoffe wie Lithium und Kobalt benötigt werden und beim Produktionsprozess mehr CO₂-Emissionen entstehen. Sie hinterlassen demnach einen größeren ökologischen Fußabdruck.
Wer auf ein Elektroauto umsteigen möchte, sollte sich vorher genau überlegen, wie groß die Reichweite tatsächlich sein muss. Finden die meisten Fahrten nur im Stadtverkehr statt oder werden regelmäßig weite Strecken zurückgelegt? Im erste Fall ist nur ein Akku mit geringer Kapazität, d.h. ein Auto mit verhältnismäßig wenigen Kilometern Reichweite vonnöten. Auch wenn der Halter zuhause über eine private Ladestation und eine Photovoltaikanlage verfügt, mit der das Auto mit Sonnenstrom geladen wird, dann kann der Akku de E-Autos kleiner ausfallen.
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Welche Faktoren beeinflussen die Reichweite von Elektroautos?
Wie weit das Elektroauto mit einer Akkuladung fährt, hängt nicht zuletzt von den Verkehrsbedingungen, der Streckenbeschaffenheit, der Temperatur, den zugeschalteten Nebenverbrauchern, dem persönlichen Fahrstil und der Geschwindigkeit ab. Hohe Durchschnittsgeschwindigkeiten bei Autobahnfahrten können die Reichweite um bis zu 30 % reduzieren. Wer dagegen vom Gas geht und möglichst kontinuierlich fährt, kommt weiter - ähnlich wie beim Fahren mit einem Verbrenner.
Einen wichtigen Beitrag zu einer hohen Reichweite von Elektroautos leistet die sogenannte Rekuperation des E-Autos – die Rückgewinnung von Energie. Dabei wird beim Abbremsen ein Teil der Bewegungsenergie wieder in elektrische Energie umgewandelt. Diese wird anschließend zurück in den Akku geleitet. Wie stark die Rekuperation genutzt wird, lässt sich meist in mehreren Stufen einstellen. Gerade im Stadtverkehr mit häufigen Brems- und Beschleunigungsvorgängen empfiehlt sich eine möglichst hohe Stufe. Weitere Tipps zur Erhöhung der Reichweite finden sich im Artikel zum Reichweitenrechner.
Insbesondere im Winter ist damit zu rechnen, dass sich die Reichweite des Elektroautos vermindert. Zum einen liegt das daran, dass in der Regel mehr Verbraucher mit Strom aus der Batterie versorgt werden müssen wie Heizung und Scheibenwischer. Zum anderen sind Batterien insgesamt anfälliger bei niedrigen Außentemperaturen. Es ist daher mit Reichweiten-Einbußen von 10 bis 30 % zu rechnen.