Kann die Sonne den Weltenergiebedarf decken?
Unter dem Weltenergiebedarf versteht man die Primärenergie, die in einem Jahr weltweit benötigt wird. Dieser Bedarf berücksichtigt bereits, dass bei der Umwandlung in technisch nutzbare Energie (Sekundärenergie) Umwandlungsverluste auftreten. So hat z.B. jedes Kilogramm Kohle einen Energieinhalt (Brennwert), der nicht vollständig bei uns als Wärme oder elektrischer Strom ankommt.
Im Jahr 2014 lag der Weltenergiebedarf bei 574 Exajoule, das sind 5,74 x 10²⁰ Joule oder 574.000.000.000.000.000.000 Jule. Eine gigantische Menge, die bisher durch Verbrennung fossiler Energieträger, aus Kernkraft und aus regenerativen Energien erzeugt wird.
Ist es möglich, diese Energiemenge ausschließlich solar zu erzeugen?
Die Energieabstrahlung der Sonne wird auf 3,86 x 10²⁶ Joule /s geschätzt, das sind im Jahr ca. 1,20 x 10³⁴ Joule. Das ist ein Vielfaches (Faktor ca. 2 x 10¹³) unseres Weltenergiebedarfes und somit weit mehr als notwendig. Selbstverständlich kommt nicht die komplette Strahlungsenergie der Sonne bei uns an, sonst wäre die Erde längst verbrannt, sondern nur ein kleiner Bruchteil.
Die tatsächlich von der Sonne auf der Erde ankommende Strahlungsleistung lässt sich mit einem einfachen Versuchsaufbau ermitteln. Dazu wird die Erwärmung eines senkrecht bestrahlten Körpers über einen längeren Zeitraum gemessen und die eingestrahlte Leistung daraus berechnet.
Die auf der Erde ankommende Strahlungsleistung ist von einer Vielzahl an Faktoren abhängig, so vom Einfallswinkel, dem aktuellen Abstand zwischen Erde und Sonne, von atmosphärischen Störungen (Wolken) oder der Höhe über dem Meeresspiegel. Die sogenannte Solarkonstante E0 gibt die langjährig gemittelte extraterrestrische Bestrahlungsstärke der Sonne an. Ihr Wert wurde von der Weltorganisation für Meteorologie auf 1.367 W/m2 bzw. J/m²*s festgelegt. Pro Quadratmeter ließen sich also theoretisch bei vollständiger Umwandlung der Sonnen- in elektrische Energie im Jahr etwa 21,5 Milliarden J gewinnen (unter der Annahme von 12 h Sonneneinstrahlung pro Tag). Das hieße, es wären 5,74 x 10²⁰ J / 2,15 x 10¹⁰ J/m² = 2,6 * 10¹⁰ m² oder 26.000 Quadratkilometer PV-Fläche notwendig, um den Jahresenergiebedarf zu decken. Bei einer Landoberfläche der Erde von knapp 150 Millionen Quadratkilometern lässt sich unser Jahresenergiebedarf also mittels Sonnenenergie decken. In der Praxis muss berücksichtigt werden, dass sich durch Drehung und Kugelgestalt der Erde der Einstrahlungswinkel ändert, die Module keinen Wirkungsgrad von 100 % haben und ein Teil der Sonnenenergie durch die Erdatmosphäre abgelenkt oder absorbiert wird. Tatsächlich wird also wesentlich mehr PV-Fläche benötigt.
Ist es derzeit möglich, den Weltenergiebedarf solar zu decken?
Zäumen wir das Pferd von der anderen Seite auf und nehmen ein Beispiel aus der Praxis – Zahlen mit denen z.B. bei der Auslegung einer PV-Anlage gerechnet wird.
Ein typisches Solarmodul hat eine Fläche von 1,6m² und eine Spitzenleistung von 320 Wp. Da heißt, es wandelt etwa 200 W elektrische Leistung pro m². Für 1 kWp wären also 5 m² Dachfläche mit Solarmodulen zu belegen.
Unter den klimatischen Bedingungen hierzulande besagt die Erfahrung, dass mit ca. 1.000 kWh Jahresertrag pro 1 kWp zu rechnen ist. Das heißt, eine 1 kWp-Anlage erzeugt im Jahr etwa 3,6 * 10⁹ J (1*10⁶ Wh * 3600 s/h).
Für die Erzeugung des Jahresenergiebedarfs wären somit 1,59 * 10¹¹ Anlagen mit 1kWp bzw. eine Gesamtanlagenleistung von 1,59 * 10¹¹ kWp notwendig (5,74 x 10²⁰ Joule / 3,6 * 10⁹ J) . Diese Anlagen nähmen eine Fläche von 8 * 10¹¹ m², das sind 800.000 km². Das ist etwas mehr als die doppelte Fläche von Deutschland.
Das Rechenbeispiel zeigt, dass das zwar theoretisch möglich ist aber praktisch nur schwer umzusetzen. Andere regenerative Energien wie Windkraft und Biomasse müssen hier ebenfalls ihren Anteil leisten. Selbstverständlich gibt es auch Länder wie in Südeuropa oder Afrika, die bessere Bedingungen für die Photovoltaik bieten und in denen höhere Erträge erzielt werden können.
Eine Studie des WWF geht davon aus, dass sich Deutschland mit regenerativen Energien komplett selbst versorgen könnte.
Solarstrom aus der Wüste
Anfang der 2000er Jahre verfolgte das Projekt Desertec den ehrgeizigen Plan, die Erzeugerländer und Europa mit Sonnenstrom aus der Sahara zu versorgen. Hier sollten statt Photovoltaikmodulen riesige Spiegel zum Einsatz kommen, die das Licht bündeln und damit Wasser erhitzen. Mit dem Wasserdampf sollten dann Turbinen angetrieben werden, die Strom erzeugen. Das Vorhaben scheiterte unter anderem an den zu hohen Kosten für die Stromleitungen. Das zeigt einmal mehr: Regenerative Energien sollten dort erzeugt werden, wo sie auch verbraucht werden. Die Photovolaikanlage auf dem eigenen Dach ist eine besonders sinnvolle Art, „grünen“ Strom zu gewinnen. Das Potential ist hier noch lange nicht ausgeschöpft: Nach Schätzungen der Agentur für Erneuerbare Energien e.V. sind nur ein Sechstel aller nutzbaren Dachflächen in Deutschland mit einer PV-Anlage ausgerüstet. Derzeit werden etwa 8 % des hiesigen Strombedarf durch die Photovoltaik gedeckt.